Achtung: 11859 + First Telecom GmbH + Die Auskunft GmbH
Anfang August wollte ich den Kundendienst von Amazon anrufen und habe nach der Telefonnummer gegoogelt. Es ploppte eine Liste auf mit Hinweisen zu Amazon-Servicenummern und ich wählte diese Nummer: 11859
Leider habe ich den klein gedruckten Satz nicht gelesen. Das war ein Fehler, denn nach dem Wählen und dem Freizeichen bekam ich die Nachricht, dass das Gespräch 99 Cent/Minute kostet. Nach dieser Information legte ich sofort auf.
Was bei der Nummer 11859 allerdings fehlt, ist der deutlich sichtbare Bestellbutton – der seit 2012 bei kostenpflichtigen Bestellformularen erforderlich ist – entsprechend der sogenannten Buttonlösung.
Die Buttonlösung
Die Buttonlösung im Verbraucherschutz ist eine gesetzliche Regelung in Deutschland, die Verbraucher vor ungewollten und irrtümlichen Vertragsabschlüssen im Internet schützen soll. Sie wurde im Jahr 2012 eingeführt und zielt darauf ab, den Kaufprozess im E-Commerce transparenter und sicherer zu gestalten.
Kernpunkte der Buttonlösung
Deutliche Beschriftung des Bestellbuttons: Der Button, der den Bestellvorgang abschließt, muss klar und unmissverständlich formuliert sein. Der Nutzer muss durch die Beschriftung eindeutig erkennen können, dass er eine zahlungspflichtige Bestellung abgibt. Ein häufig verwendeter Text ist z. B. „Jetzt kaufen“ oder „Kostenpflichtig bestellen“. Formulierungen wie „Bestellung abschicken“ oder „Weiter“ sind unzulässig, da sie die Zahlungs- und Vertragsverpflichtung nicht ausreichend verdeutlichen.
Vor der Bestellung vollständige Information: Bevor der Verbraucher den Button anklickt, müssen ihm alle relevanten Informationen zu seiner Bestellung klar und verständlich zur Verfügung stehen. Dazu gehören:
- Der Gesamtpreis, einschließlich Steuern und Versandkosten.
- Wesentliche Merkmale der bestellten Ware oder Dienstleistung.
- Vertragslaufzeit und Kündigungsbedingungen bei Dauerschuldverhältnissen.
Ziel: Das Hauptziel der Buttonlösung ist es, sogenannte Abo-Fallen und irreführende Online-Angebote zu verhindern. Vor der Einführung der Buttonlösung wurden viele Verbraucher unbemerkt in kostenpflichtige Verträge verwickelt, da sie oft nicht erkannten, dass eine Zahlungspflicht entsteht. Die neue Regelung sorgt dafür, dass die Kostenpflicht explizit gekennzeichnet ist, sodass der Verbraucher bewusst eine Entscheidung trifft.
Konsequenzen bei Verstößen
Wenn ein Online-Anbieter gegen die Buttonlösung verstößt, kommt kein gültiger Vertrag zustande. Verbraucher können in solchen Fällen die Zahlung verweigern oder bereits gezahlte Beträge zurückfordern.
Rechnung von First Telecom GmbH
Gestern nun bekam ich die Telefonrechnung von meinem Anbieter, der Telekom. Die schaute ich mir genau an und wunderte mich, denn unter »Leistungen anderer Anbieter« waren nicht nur die 99 Cent/Min (83 Cent + 19 % MwSt. = 99 Cent)) für den eben erwähnten Anruf bei »Amazon« berechnet, sondern auch ein Abo über ein sogenanntes »Sparpaket1«, berechnet von der Firma »First Telecom GmbH«.
Der Name der Firma war mir erstens völlig unbekannt und zweitens hatte ich nie ein Sparpaket bestellt oder einen Vertrag dafür mit einer Firma namens First Telecom abgeschlossen. Ich hatte eine Nummer bei »kundenauskunft.com« angerufen. Aber auch mit der hatte ich keinen Vertrag über ein Sparpaket abgeschlossen!
Anruf bei der Telekom
Ich rief die Telekom an.
Ich solle mich an den »anderen Anbieter« wenden, erfuhr ich. Sie (die Telekom) habe damit nichts zu tun, sie würde nur den Rechnungsbetrag an mich weiterreichen.
Ich rief also die Firma First Telecom GmbH an. Dort meldete sich ein Automat und informierte mich darüber, dass ich unter »Rechnungsauskunft« erfahren könne, welche Leistungen berechnet wurden. Ich klickte auf den Button und erfuhr Folgendes:
Da musste ich mich doch SEHR wundern. Denn wie gesagt: Ich hatte kein »Sparpaket« bei »Die Auskunft GmbH« bestellt. Und ich weiß bis jetzt auch nicht, was das überhaupt ist, so ein Sparpaket. Ich weiß nur, dass ich kein Sparpaket brauche und auch keines bestellt habe.
Stiftung Warentest warnt vor First Telecom GmbH
Die »Stiftung Warentest« hat im Dezember 2021 bereits auf diesen Fall hingewiesen und geschrieben, dass die Bundesnetzagentur die First Telecom GmbH gestoppt habe. Es sei ein Verfahren gegen die Telefongesellschaft geführt und angeordnet worden, dass die von First Telecom betriebene Nummer 11830 und andere Servicenummern abgeschaltet werden müssten.
Wie in dem Artikel von www.test.de ersichtlich ist, wurde das Sparpaket-Abo durch meinen oben erwähnten Anruf bei »Amazon« in Auftrag gegeben. Die Nummer wurde also nicht abgeschaltet, und bei dem Zwangs-Abo handelt es sich in meinen Augen um Betrug!
Die Redaktion von Stiftung Warentest habe ich übrigens informiert und einen Link zu diesem Blogartikel geschickt.
Bundesnetzagentur stoppt First Telecom
Ich habe weiter recherchiert mit den Begriffen »First Telecom«, »Kundenauskunft« und »11859«. Dabei habe ich erfahren, dass die Bundesnetzagentur die Abschaltung der Telefonnummer 11859 angeordnet hat. Grund: Rufnummernmissbrauch
Diese Anordnung war offensichtlich erfolglos! Und die Aussage der Bundesnetzagentur, »rechtswidrig beworbene Dienste seien somit nicht mehr erreichbar«, stimmt nicht. Die Nummer 11859 ist nach wie vor aktiv und die Firmen dahinter, nämlich die »First Telecom GmbH + Die Auskunft GmbH« treiben nach wie vor ihr Unwesen.
Am 10. 2. 2020 hat die Bundesnetzagentur bereits über die Nummer 11830 berichtet und deren Abschaltung angeordnet. Denn mit dieser Nummer wurde offensichtlich die gleiche Masche durchgezogen wie mit der 11859.
Wenn Sie eine Abofalle o. ä. bei der Bundesnetzagentur melden möchten,
schreiben Sie eine E-Mail an: rufnummernmissbrauch@bnetza.de
Auch »Computerbild« hat in einem Artikel über die Abzocke von First Telecom GmbH berichtet.
Dass diese Firma immer noch ihr Unwesen treiben kann, finde ich erstaunlich. Milde ausgedrückt! Denn ich frage mich, wo hier der Rechtsstaat bleibt. Und ich frage mich, wie viele Menschen täglich über den Tisch gezogen werden – und sich nicht dagegen wehren (können). Einerseits, weil sie nicht wissen, wie, und/oder andererseits, weil sie sich nicht trauen. Ich allerdings traue mich. Mal sehen, was dabei herauskommt.
Nachträglicher Hinweis am 30. 9. 24: Bis jetzt ist nichts dabei herausgekommen! Außer dass etliche Betroffene Kontakt mit mir aufgenommen habenn, weil ihnen das Gleiche passiert ist.
Auf alle Fälle habe ich diesen Sachverhalt gestern dem Verbraucherschutz gemeldet und auch die Redaktion von »Wiso« (ZDF) darüber informiert.
Hier geht es zum Beschwerde-Formular
bei der Verbraucherzentrale.
Auch die Verbraucherzentrale Hamburg hat einen ausführlichen Artikel zum Thema geschrieben.
Die First Telecom GmbH habe ich gestern per Mail aufgefordert, das Abo aufzulösen, mir das abgebuchte Geld zu erstatten und schriftlich mitzuteilen, dass das Abo gelöscht wurde. Sollte dieser Aufforderung nicht nachgekommen werden, wird die Sache beim Anwalt landen und ich werde First Telecom wegen Betrugs anzeigen. Allerdings werde ich mir gut überlegen, ob der Aufwand sich lohnt – es geht um € 9,32
PS um 18.00 Uhr: Die Redaktion der Stiftung Warentest hat bereits angerufen. Wir haben ausführlich miteinander telefoniert und bleiben in Kontakt.
Update: 2. 9. 24
Heute hat die Bundesnetzagentur geantwortet:
Sehr geehrte Frau Blaes,
Sie teilen mit, dass Ihnen Entgelte für den Zeitraum vom 09.08.2024 bis 16.08.2024 berechnet wurden. Die Abrechnung erfolgt über die First Telecom. Vermutlich handelt es sich hierbei um ein sogenanntes „Sparabo/Sparpaket“.
Zu diesem Sachverhalt habe ich bereits eine Ermittlung begonnen.
Ich möchte Sie darauf hinweisen, dass Sie aber selbst tätig werden können und auf der Internetseite der First Telecom www.rechnungsauskunft.de unter „Rechnungsauskunft zur Festnetzrechnung bzw. Mobilfunkrechnung – Aboverwaltung“ das Abo direkt beendet werden kann.
Es besteht die Möglichkeit eine sogenannte Drittanbietersperre einzurichten, die dann künftig vor ungewollten Abos schützt. Es kann auch eine Sperre der Auskunftsdienst eingerichtet werden. Hier werden alle Auskunftsdienste (118xy) gesperrt. Diese Sperre ist insofern von Vorteil, da durch Nennung eines Kennwortes zu hochpreisigen z.B. Erotik- oder Esoterikdiensten verbunden werden kann.
Auch Premium-Dienste-Rufnummern (0900er) können gesperrt werden. Bitte wenden Sie sich an Ihren Anbieter welche Möglichkeiten angeboten werden.
Auf die Möglichkeit, im Falle unklarer Entgeltforderungen Einwendungen zu erheben, weise ich Sie in diesem Zusammenhang hin. Einsprüche gegen die Telefonrechnung sind gegenüber dem Rechnungsersteller und bei Forderungen anderer Anbieter auch diesen gegenüber geltend zu machen.
Die Vorschriften des TKG ermöglichen es der Bundesnetzagentur nicht, Verbraucher bei der Durchsetzung ihrer zivilrechtlichen Ansprüche zu unterstützen. Dies gilt auch für Einsprüche gegen Telefonrechnungen. Hier besteht allenfalls die Möglichkeit einer Schlichtung. In diesem Zusammenhang möchte ich Sie auf das „Verbraucherportal“ auf der Internetseite der Bundesnetzagentur (https://www.bundesnetzagentur.de) hinweisen. Unter “Digitales und Telekommunikation“ danach “Internet und Telefon“ finden Sie mit dem Button “Rechnung“ alles zu Ihren Rechten was eine unklare Rechnungsposition betrifft und den Link zur Schlichtung.
Eine rechtliche Beratung zu vertragsrechtlichen Fragen, die über die Regelungen des Telekommunikationsgesetzes hinausgehen, darf die Bundesnetzagentur aufgrund des Rechtsdienstleistungsgesetzes nicht leisten. Ich empfehle Ihnen insofern, sich diesbezüglich an die örtliche Verbraucherzentrale oder einen Rechtsanwalt zu wenden.
Bitte beachten Sie folgende Verfahrenshinweise:
Die Bundesnetzagentur geht allen verwertbaren Hinweisen nach, indem die angezeigten Sachverhalte ermittelt und nachvollzogen werden. Diese Ermittlungsarbeit kann einige Zeit in Anspruch nehmen und ist gegebenenfalls mit Rückfragen bei Ihnen verbunden. Bitte beachten Sie, dass nicht in jedem Einzelfall eine individuelle Rückmeldung erfolgen kann. Wird ein Gesetzesverstoß festgestellt, stehen der Bundesnetzagentur verschiedene Eingriffsmöglichkeiten zur Verfügung. Ermittlungen und der Erlass verbraucherschützender Maßnahmen haben grundsätzlich Vorrang vor individuellen Rückmeldungen.
Umfangreiche Informationen über ergriffene Maßnahmen gegen Rufnummernmissbrauch werden auf der Internetseite www.bundesnetzagentur.de tagesaktuell in einer Maßnahmenliste veröffentlicht (www.bundesnetzagentur.de/massnahmenliste). Hier findet sich unter anderem eine Auflistung abgeschalteter Rufnummern sowie Informationen über Umfang und Dauer von angeordneten Rechnungslegungs- und Inkassierungsverboten. Zudem finden Sie auf der Internetseite der Bundesnetzagentur unter Verbraucherportal im Bereich „Digitales und Telekommunikation“ in der Rubrik „Ärger mit Rufnummern und Anrufen“ auch aktuelle Hinweise, allgemeine Informationen sowie Beschwerdeformblätter, mit denen Sie unerlaubte Werbeanrufe oder Rufnummernmissbrauch melden können.
Bitte beachten Sie, dass Sie als Betroffene selbst verantwortlich sind, Ihre zivilrechtlichen Ansprüche, ggf. mit Hilfe eines Rechtsbeistandes oder der Verbraucherzentralen, fristgerecht zu verfolgen.
Falls Sie sich mit verschiedenen Sachverhalten oder mit mehreren Schreiben an die Bundesnetzagentur gewandt haben, möchte ich Sie abschließend darauf hinweisen, dass diese separat durch die Bundesnetzagentur erfasst und bearbeitet werden. Daher kann es möglich sein, dass Sie mehrere Schreiben und für jeden Vorgang ein eigenes Aktenzeichen erhalten. Diese automatisierten Prozesse erleichtern der Bundesnetzagentur die jeweilige Zuordnung und dienen der effizienten Bearbeitung Ihrer Hinweise.
Ich hoffe, Ihnen mit diesen Informationen dennoch weitergeholfen zu haben
Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag
(Unterschrift)
In dem Schreiben gibt es den Hinweis auf einen Link zum Thema »Telefonrechnung«. Hier der Hyperlink:
https://www.bundesnetzagentur.de/DE/Vportal/TK/InternetTelefon/Rechnung/start.html
Ich könnte nun Einspruch bei der Telekom (mein Netzanbieter) bezüglich der Abbuchung einlegen. Aber das ist mir schlichtweg zu zeitaufwendig. Die First Telecom (die mir das sogenannte Spar-Abo aufgedrückt hat), hat auf meine Beschwerde reagiert und mitgeteilt, dass das »Spar-Abo« zum 30. 8. 24 beendet wurde. Zumindest bekam ich folgende Information:
» [… ] Der Auskunftsdienst 11859 bietet Anrufern aus dem Festnetz ein Sparpaket für die kostenlose Nutzung der Auskunft und vergünstigte Weiterleitung für nur 99 Cent pro Minute für 4,99 €/Woche an. Dieser Kombitarif endet automatisch nach spätestens 5 Wochen.
Der Dienst ist zum 30.08.2024 beendet worden. [… ] «
Was ich aus der Angelegenheit gelernt habe:
Augen auf – speziell bei Angeboten im Internet!
Und: immer das Kleingedruckte lesen!
Update: 30. 9. 24
Am 25. 9. 24 bekam ich wieder eine Rechnung von der richtigen Telekom. Dieses Mal werden € 5,02 abgebucht für das oben bereits erwähnte sogenannte »Sparpaket1« der First Telecom
Ich habe wieder zum Telefon gegriffen und wieder die Telekom (die echte!) angerufen. Ich hatte eine sehr freundliche Dame am Telefon, die mir sehr interessiert zugehört hat, denn von solchen Fällen (Betrug durch First Telecom) hatte sie noch nichts gehört und mir spontan eine Gutschrift von € 20,00 Euro zukommen lassen.
Das fand ich sehr nett, aber mir geht es vor allem darum, dass der First Telecom (der betrügerischen Firma) das Handwerk gelegt wird, und die die eingezogenen Gebühren von einmal € 9,22 und einmal € 5,02 für das Zwangs-Abo nicht bekommt.
Ich habe gefragt, was passiert, wenn ich die abgebuchten Beträge auf meinem Bankkonto zurückgehen lasse und nur die korrekten Beträge (die von der richtigen Telekom in Rechnung gestellten Beträge) dann wieder überweise. Die Dame meinte, das sei eine sehr interessante Frage, die sie aber leider nicht beantworten könne. Sie würde sich mit ihrer vorgesetzten Stelle diesbezüglich in Verbindung setzen. Das hat sie gemacht, und ich hatte folgende Antwort für mich: Das würde nicht viel bringen, denn dann bekäme ich von der First Telecom (der betrügerischen Firma) eine Mahnung. Und mit der müsste ich mich dann rumschlagen … Anwalt, Gericht etc.
Sie sagte mir außerdem, dass sie meinem Konto entnehmen könne, dass das Abo zum 27. 8. beendet worden sei und keine weiteren Abbuchungen von der First Telecom zu erwarten seien.
Dann sagte sie mir noch, sie habe meinem Vertragskonto € 20,00 gutgeschrieben und empfahl mir, die Angelegenheit damit auf sich beruhen zu lassen.
Alles in allem finde ich das Verhalten der richtigen Telekom sehr kundenfreundlich, aber der betrügerischen First Telecom wird leider nicht das Handwerk gelegt. Was ich sehr bedauerlich finde!
Nachsatz: Habe eben bei der Polizei in Dießen angerufen und kurz den Sachverhalt geschildert. Als ich den Polizisten dort fragte, ob eine Anzeige seiner Meinung nach Sinn mache, sagte er salomonisch: »Diese Sache ist vermutlich schon hundertfach angezeigt worden …« Ich habe das so verstanden: »Sparen Sie sich die Zeit und Mühe, eine Anzeige bringt ohnehin nix.«
Die First Telecom wird also weiter täglich viele Menschen über den Tisch ziehen. Denn obwohl sie eindeutig gegen das Button-Gesetz verstößt, haben betrogene Verbraucher so gut wie keine Möglichkeit, diese betrügerische Firma vor den Kadi zu ziehen.
So sieht es aus, in unserem Rechtsstaat …